Herr Müller fährt Fahrrad – eine Zugfahrt die ist lustig

Tag 1: von Oranienburg nach Seilershof, Kleiner Wentowsee

Gleich früh fängt Herr Müller gegen viertel nach vier zum ersten Mal nervös an zu quaken trotz meiner eindringlichen Mahnung, die Nachtruhe sei wichtig, da wir ab dem frühen Nachmittag pedalieren!

Schall und Rauch… in stündlicher Wiederkehr habe ich um viertel vor sieben genug von dem aufgedrehten Entenmann und flüchte mich ins Wasser.
Meine innere Stimme hört sich an wie meine Mutter: wann lernst Du es endlich? Den Abend vor der Abreise geht man nicht noch Bier trinken. „Doch! Echot es trotzig in meinem Kopf…, ich mache das so wie ich will!“ Manche Dinge ändern sich nie, man sollte sie nehmen, wie sie sind. ?

Als ich geduscht in die Küche komme, sitzt Herr Müller schon erwartungsvoll auf dem Tisch. „Erst wird gewählt Müller, vorher gibt’s nix!“ Ein bisschen eingeschnappt watschelt er über den Tisch auf der Suche nach Blödsinn, den er anstellen kann. Das unterbinde ich schleunigst mit einer hastig aus der Schublade gezauberten Sicherheits-Reiswaffel. Das wird lustig…

Um kurz vor halb neun werfe ich meinem noch schläfrigen Welpen eine Abschiedsschmatzer zu und trage erst die Packtaschen und dann das Rad samt Müller nach unten. Grade als er anfangen will zu stänkern, belege ich ihn mit der Aufgabe aufs Rad aufzupassen. Ernst genommen übernimmt er die wichtige Aufgabe. Als wir aus dem Hoftor sind und ich Gas gebe höre ich nervöses Gezeter aus dem Rucksack: „Ruhig Müller, alles im Lot!“ Schnatternd schaut er auf die Enten auf der Weschnitz und freut sich, dass er heute auf Tour geht. Ich auch.

Die kurze Nacht lässt uns beide im Zug einigermaßen entspannt den Weg Richtung Berlin genießen, ich habe Musik in den Ohren und dadurch nicht nur das Wunderwerk der Zugkommunikation, sondern auch Müller ausgeblendet, der einigermaßen uffgerescht alles kommentiert. Ich gönne ihm die Vorfreude.

Er sitzt zufrieden im ersten Zug.
Nette Mitreisenden haben uns beim Einstieg geholfen, wir dafür an der nächsten Station beim Ausstieg. Sie fahren nach Amsterdam, auch schön aber ich vermute windtechnisch in die falsche Richtung.  Mal sehen, wie‘s diesmal bei meiner gewählten Strecke ist.

Während ich zur Ruhe ermahne, turnt Müller über die Fahrräder. Die dazugehörigen Radler schauen schon. Gleich in Berlin ist er müde und ich kann alleine treten.

Von Berlin radeln wir Richtung Oranienburg, erste Station heute.
Eine wunderschöne Strecke fast ausschließlich am Wasser längs. Herrlich. Müller genießt ebenfalls in vollen Zügen.

Nachdem Herr Müller und ich in Oranienburg völlig unterzuckert einkaufen waren, gehören uns jetzt die Regale 3-7 im örtlichen Netto. Müller musste natürlich Bier mitnehmen!

Das vorher ausbaldowerte Havelidyll, eine rar gesäte Campingmöglichkeit zwischen Berlin und Zehdenick, entpuppt sich als ortsansässige Gelddruckmaschine. Bei dem Hinweis Motel und Camping denke ich sofort an Norman Bates…
Solche Sanitäranlagen habe ich lange nicht gehabt… ich räche mich mit schimmelbildendem Dauerdusch nach dem Essen und kann es irgendwie nicht fassen! Ich habe schon auf deutlich einfacheren Plätzen gestanden aber die Sanitäranlagen waren immer top.

Egal. Zelt aufschlagen, Abendessen, die erste Mahlzeit nach dem schmalen Frühstück und schon sind Herr Müller und ich wiederhergestellt.

Und so sitzen wir jetzt am Wasser vor dem Zelt.

Früh gehen wir in die Koje, leider steht das Zelt direkt vor einer Laterne und die erste Nacht am Boden ist traditionell schlecht.
Aber das macht nichts, denn wir haben Urlaub!

Beitrag von Nicole Ebler, Weinheim