Tag 3 – unterwegs mit dem Fahrrad nach Neubrandenburg
Während Müller beim Einräumen wieder mal nix tut, umschmeichelt uns früh schon der Klang einer Ukulele. Ich überlege kurz, ob der „Bier durcheinander Abend“ daran einen Anteil haben könnte aber da meldet sich auch Müller zu Wort. „Kommt‘n dit Jeschrabbel her?“ mosert er gekonnt, Chapeu, das könnte von mir sein! Ich sehe, wir verstehen uns, lache in mich hinein und wir klatschen ab.
Feiner Humor Müller!
Oben am Kinderspielplatz hockt eine illustre Erscheinung, lang wie breit, erinnert er mich an den unterbehosten Nachbarn von Sonntag, dieser hat jedoch eine Strohhut auf und trägt Badeschlappe, während er auf seinem Instrument herum klampft. Als sei das noch nicht genug, beginnt, kaum ausgesprochen, der Gesang! Müller und ich sehen uns an. Gibt’s doch wohl nicht! ? Ich packe weiter ein, er erledigt den Störflug! Gesagt getan.
Los geht die Tour. Teilweise etwas langweilig an einer Bundesstraße entlang werden die letzten 35 km nach Rita ehrgeizig und wunderschön.
Auf halber Strecke in Ritas Lädchen wartet das Paradies auf uns. Wir hocken unter einem hübschen Freisitz und Rita kocht frischen Kaffee und serviert eine Frikadelle und Wurst. Eine Apfelschorle stürzen wir hastig runter, eine Flasche Wasser nehmen wir mit.
Genau das Richtige zum Frühstück! Für 7,40€ plus einem fetten Trinkgeld für den tollen und erstklassigen Service.
Müller stürzt sich gierig auf den Kaffee, natürlich nicht, ohne eine riesige Zuckersauerei auf dem Tisch zu hinterlassen. Der Süße… ich rolle die Augen aber Rita ist milde und Müller bändelt nebenbei äußerst nanchelant mit ihr an, sie kichert, ich staune. So ein Teufelskerl! ?
Satt und gut versorgt ziehen wir weiter, Müller etwas wehmütig.
Wer diesen Tipp hier kennt, nennt ihn Gold wert, denn montags muss man in Brandenburg auf dem Land ansonsten verhungern und verdursten. Genauso übrigens in Mecklenburg-Vorpommern. Aber es gibt ja Rita‘s! ?
Auf einem der nächsten, etwas öden Radwege, haben wir dann doch noch ein lustiges Erlebnis! Während ich in die Gegend schaue, echot Müller von vorne: „Biiiiiene in Sicht!“ Ich denke so “was hatter denn? ist doch nicht die erste Biene, die uns begegnet”, als ich die Augen geradeaus richte:
Radbiene ? voraus! Fast verschlucke ich mich an meiner eigenen Spucke, denn es kommt uns tatsächlich eine schwarz gelb gestreiftes Radbiensche entgegen, getoppt von einem Helmsichtschutz, an Stelle der Facettenaugen. Müller pfeift, ich lache und drohe mit schwarzen Streifen in seinem Gefieder! Ruhe ist! ?
Die nächsten Kilometer kämpfe ich einfach nur. Es geht mächtig bergauf aber auch schön wieder runter. Was unseren Packesel bergauf bremst, schiebt ihn abwärts. Die letzte Steigung in Alt Rhese ist höllisch, wird aber am Ortsausgang mit einer sensationellen Abfahrt durch eine Kastanienallee belohnt!
Müller ist im Geschwindigkeitsrausch, kreischt und breitet die Flügel aus, was mir ungünstigerweise die Sicht versperrt!
Im Blindflug donnern wir bergab wie im Rausch, nochmaaaaaaaaal schreit Müller, als wir ausrollen. „Aber nur, wenn Du mal hochstrampelst!“.
Er hat Glück, bis Wulkenzin die letze Steigung. Ich liebe dieses Stück!
Uncharmanterweise ist es auch immer das letzte Stück der 300 km Mecklenburger Seenrunde und da tut dann jede Steigung weh.
Aber die fahren wir ja nicht. Lieber mal Berlin-Kopenhagen mit dem Gravel.
Am See angekommen ist die Rezeption trotz Öffnungszeiten verschlossen. Das macht aber nichts, denn es gibt eine Telefonnummer des Platzwartes, der mit einem lauten Moin! ans Hörrohr geht. Hier sind wir richtig! Er erklärt kurz, dass er zu tun hat, Anmeldung machen wir morgen, er ist am Duschhaus. Ich kenne mich aus und rolle hin, kaufe noch schnell Duschmarken und habe auf der leeren Zeltwiese die freie Auswahl. Müller und ich entscheiden uns für den absolut schönsten Flecken direkt am Wasser.
Nachdem das Zelt unter stürmischen Bedingungen steht wie ne 1, ist Müller hochzufrieden und müde. Er legt sich in den Schlafsack, ich gehe auf ein Bier in die neue Strandbar. ?
Fortsetzung folgt… ? ?
Beitrag von Nicole Ebler, Weinheim